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Friday, May 30, 2014

Leo Strauss: Aristoteles und Moderne


   

1 -- Leo Strauss erklärt Aristoteles


Der Mensch als einziges irdisches Lebewesen neigt zu Glücklichkeit, und er ist zu Glücklichkeit  befähigt.

Das ist so, weil er als einziges Tier Verstand und Sprache besitzt [....]; seine Seele is gewissermassen “das All”: der Mensch ist Mikrokosmos.


English version: 

Es besteht eine natürliche Harmonie zwischen dem All und dem menschlichen Gemüt . Der Mensch wäre nicht zu Glücklichkeit befähigt, wenn das All, dem er zugehört, ihm nicht freundlich gesinnt wäre.

Diese Auffassung von der Beziehung zwischen dem Menschen und dem All wäre “Optimismus” im ursprünglichen Sinn: die Welt ist die bestmögliche der Welten.

 

The picture is of Phyllis riding on Aristotle from a story preached and popular in the Middle Ages.
 -- Below :


Public domain according to http://en.wikipedia.org/wiki/Casket_with_Scenes_of_Romances_%28Walters_71264%29#/media/File:French_-_Casket_with_Scenes_of_Romances_-_Walters_71264.jpg   
von links nach rechts: Aristoteles als Lehrer von Alexander; Phyllis reitet auf Aristoteles und Alexander sieht von oben zu; rechts: aeltere Leute beim Bad im Brunnen der Ewigen Jugend.

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2 -- Strauss vergleicht Aristoteles und Moderne:


Der Glaube an diese Harmonie erscheint nun als Wunschvorstellung oder als gutwillige Annahme.*** Rechnen müssen wir nun mit der Möglichkeit einer Welt als Werk eines bösen betrügerischen Geistes  [.......] oder einer blinden Notwendigkeit.

Kennzeichnend fürs moderne Denken ist folgerichtig der Entschluss, den Menschen zu befreien und die Natur feindlich zu unterwerfen.
Damit ist die Weissenschaft nun, statt stolzer Betrachtung, ein Versuch dem Menschen das Los zu erleichtern.  Wissenschaft dient der Macht.

Das bedeutet jedoch, dass die Natur den Menschen nötigt, in Gemeinschaft zu leben; nur aus Furcht vor dem gewaltsamen Tod als grösstes Uebel kann der Mensch sich nötigen, Bürger zu werden und Bürger zu sein.

Dies wäre der Ursprung der von Nietzsche erkannten, asketischen Wesenszüge der modernen Moral.

(Ich habe nicht verstanden, wie man “aus Angst vor einem gewaltsamen Tod” Bürger wird, aber dies klärt sich sicherlich mit ein wenig mehr Lektüre. Gemeint ist doch nicht etwa der prähistorische Mensch den wilden Tieren gegenüber? Ich glaube jedoch, dass “die Furcht vor einem gewaltsamen Tod als grösstes Uebel”  nicht von Strauss ist, und dass Strauss die Vorstellung sogar abweist.)

Nachtrag:
Tatsächlich. Es  ist ein  Konzept aus Hobbes Leviathan.













https://www.google.com/?hl=en#hl=en&q=fear+violent+death+as+greatest+evil
or http://tinyurl.com/pe5skas


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"Der Glaube an diese Harmonie erscheint nun als Wunschvorstellung oder als gutwillige Annahme."

Strauss schreibt häufig ironisch.
Wahrscheinlich beschreibt er diskret auf diese Weise die moderne Auffassung als wesentlich böswillig.

Warum sagt er’s denn nicht klar und deutlich?

Er sagte es schon anderswo, in einem anderen Buch, das schwer zu lesen ist.


Ergänzt am 5. Februar, 2014

Ich sah es erneut gestern in einer unveröffentlichten Vorlesung über Kant in schlechter, aber nicht unmöglicher Abschrift. Hier ist das Zitat:


Uebersetzt:

Wenn Gott demnach die Ursache aller Dinge ist, dann besteht offensichtlich eine Verwandtschaft zwischen dem Höchsten im Menschen und Gott als intelligentem Wesen.

Wenn aber das Höchste im Sinne des Ursprungs aller Dinge die blinden Atome in ihrer Bewegung  sind, dann ist offensichtlich das Höchste im Menschen nicht mit deren Höchstem verwandt.
Dies ist allerdings ein grosses Problem für jeden Menschen.

http://archive.org/search.php?query=leo%20strauss%20AND%20mediatype%3Atexts
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Leo Strauss ist in deutscher Sprache entweder nicht erhältlich oder schwer zu finden.  -- Schade. -- Niemand wie er geht auf heikle Themen ein oder bringt sie sogar  zur Sprache.


? ? !

https://www.metzlerverlag.de/buecher/leseproben/978-3-476-02264-6.pdf.

Added December 2015

Leo Strauss in deutscher Sprache ?

Zitat Brief an Löwith 1933


one doesn’t choose a homeland and, above all, a mother tongue, and in any event I will never be able to write other than in German, even if I must write in another language. On the other hand, I see no acceptable possibility of living under the swastika -
"Man kann seine Heimat und vor allem seine Muttersprache nicht wählen, und jedenfalls werd' ich nie anders als auf deutsch schreiben koennen, selbst wenn ich in einer anderen Sprache schreiben muesste. Andererseits - ich sehe keine ertraegliche Lebensmoeglichkeit unter der Swastika"

Ich weiss nicht, warum man ausgerechnet diesen Brief zitiert, um Strauss als crypto nazi hinzustellen -- etwa weil er fuer die Groesse Roms schwaermte ??



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